Sonntag, 28. Februar 2010

Was hat das Internet, was ich nicht habe

Junge Menschen nutzen das Internet, die digitale Kommunikation immer stärker.

Worin liegt die Fasziniation ? Was ist das besondere, worin liegt der Reiz? Was kann Internet auch, was kann das Internet was die andere Welt nicht kann.

Räume , so sagt Georg Simmel (1858-1922)sind nicht geografisch zu verstehen. Räume sind losgelöst von Umfang und Quadratmeilen. Räume sind ein Resultat der Tätigkeit der Seele, sie werden durch psychologische Kräfte geschaffen. Anders gesagt, eine Vereinigung funktioniert über ihre emotionale, psychologische Nähe, nicht durch ihre räumliche. Der städtische Raum konstituiere sich durch die interaktiven Beziehungen der Bewohner und Bewohnerinnen und diese Interaktionen wirkten über die pysikalischen Grenzen hinaus.

Es geht somit um die pyschologischen Kräfte für die Erstellung eines Raumes. Damit ist auch der Cyperspace ein Raum der sich auf die Tätigkeit der Seele stützt.

Dieser Raum steht somit auch in Konkurrenz zu anderen Räumen. Simmel bezeichnet Räume auch in einem Beispiel als Reich. Diese konkurrieren demnach um die „Gunst“ der Seelentätigkeiten.

Eine Community im Netz ist damit gleichzusetzen mit einer Dorfgemeinschaft. Eine „Gilde“ in „World of Warcraft“ dann mit einem Freundeskreis , der sich zum Spielen trifft.

In unserem Raum werden diese Räume web2.0 nur bedingt aktzeptiert. Warum eigentlich ? Ist es das ultimative Wissen darüber, dass diese Räume für die Entwicklung von Menschen nicht gut, oder gesund sind? Ist es die Sorge, dass diese Räume die herkömmlichen Räume ersetzt ?

Ich möchte die Faszination,die Gründe dieser neuen Räume entdecken, sie neutral betrachten. Ich aktzeptiere, dass sich Menschen aus meinem Raum (Gruppe, Philosophie, Einflussbereich) lösen, um ihren eigenen Raum (Gleichgesinnte) zu finden.

Christina Schachtner schreibt in einem Artikel (ich bin online , also bin ich / Psychologie heute März 2010)sehr beeindruckend , wieso das Internet mit allen Formen der dortigen Kommunikation so interessant für junge Menschen ist und berücksichtigt auch vorallem eine Tatsache: Web 2.0 ist ein wesentlicher (wenn auch für viele neuer) Bestandteil unseres Lebens, den man erstmal nicht mit gut/schlecht einordnen kann.

Zu den wichtigsten Ressourcen und Orten für die Selbstfindung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gehören heutzutage die digitalen Medien. Rund 95 % der 14 bis 19 Jährigen und 91 % der 20 bis 29 Jährigen sind regelmäßig online.

Schon immer lieferten Medien wie TV, Film, Musik und Zeitschriften den Stoff, aus dem Jugendliche für die Gestaltung des eigenen Ich schöpfen können. Sie offerieren Modelle für Rollen, für Lebensstile, für dasOutfit.

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Die digitalen Medien aber haben den audiovisuellen Medien eines voraus: In ihnen können Jugendliche selbst aktiv werden. In den sozielen Netzwerken (.....) sind die jugendlichen User nicht nur Zuschauer oder Rezipienten – sie treten selbst in diesen Netzwerken auf.

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Digitale Medien werden wie bislang kein anderes Medium von der jungen Generation für Selbstinszenierungen genutzt. (50 Mio Netlog, 80 Mio myspace, 66 mio facebook weltweit)

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Der interaktive Charakter digitaler Medien brigt die Möglichkeiten der Selbstinszinierung, die für Heranwachsende von besonderem Reiz sind.

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Selbstverwirklichung steht bei heutigen jungen Menschen hoch im Kurs (..)der Ort der Selbstverwirklichung ist die Freizeit – und für viele ist es die Freizeit im Cyperspace.

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Das virtuelle Universum, das sich Jugendliche im Cyperspace schaffen, ist Ihre Welt, fernab – so zumindest die Hoffnung – vom Zugriff kontrollierender Instanzen.

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ein neuer Begriff von Heimat zeichnet sich ab. Heimat ist nicht nur dort, wo man herkommt, sondern auch dort, wo man sich bewegt, wodie Freunde sind, wo man neue gewinnt.

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Die Wege durchs Netz machten nicht heimatlos, sie laden ein zum Verweilen, sie erlauben ein oft intensives Miteinander – für eine bestimmte Zeit, nicht für immer.Das ist ganz nach dem Geschmack heutiger Jugendlicher, wie aus der Shell Studie 2006 hervorgeht. Jugendliche präferieren demnach lockere soziela Bindungen ohne formale Verbindlichkeiten. Sie wollen ihr soziales Engagement selbst dosieren und spontan initiativ werden. Das soziale Zuhause ist verschiebbar geworden.

Das auf-sich-selbst-geworfen-Sein heutiger Jugendlicher verstärkt das Bedürfnis nach austausch und spiegelung in anderen, wovon sie sich die Wiedergewinnung von sicherheiten erhoffen, die ihnen durch den gesellschaftlichen Umbruch entzogen werden.

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Mit 200 Freunden online, da steigt die Wahrscheinlichkeit gute Tipps und Antworten auf die eigenen Fragen zu erhalten.

Digitale Action-Kampf soziel und Lernspiele sorgen dafür, dass der Cyperspace auch als spielfläche genutzt wird. Das Spiel kennzeichnet vor allem eines: Es ist frei. Sein Wert für die Identitätssuche ist unumstritten. Diese Suche verlangt einen ungerichteten Zustand, eine offene Situation.Und genau das bietet das Spiel: Es konfrontiert mit Erfahrungen, die auch für die Gegenwartsgesellschaft typisch sind, wie Ungewissheit, Unberechenbarkeit, Siegen und Verlieren.

Zum Spiel kommt noch etwas dazu, (...) Spass und Humor in Form von Frotzeleien, witzigen Pointen, cleveren Taktiken.

Schachtner erzählt noch über das Thema Rollenspiele die in Form von Avataren möglich ist. Sie dienen dem Experimentieren, von Rollentausch und spielerischer Grenzüberschreitung. Auffällig ist laut Schachtner auch, dass sich die jungen Menschen im cyperspace , in den Foren, Plattformen und Spielen (zB: second Life) „so normal“ präsentieren.

Damit habe ich relativ viel aus dem Artikel zitiert. Mir wird immer klarer, dass das web2.0 , der Cyperspace, Interaktive Spiele eine Faszination auf unsere Kinder ausüben müssen. Und ich bin nicht bereit, diese Räume per se als negativ, schlecht, oder schädlich anzusehen.

Es bedarf einer differenzierten Sichtweise auf dieses Thema. Web 2.0 ist Teil unserer realen Welt und kein Rückzug, kein Angriff. Nur wenn wir die positive Faszination begreifen , können wir sinnvoll mit der Nutzung umgehen.

Quelle:

Psychologie heute März 2010 Ich bin online , also bin ich - Christina Schachtner

Wissen und Gender - Christina Schachtner